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Energiewende im Straßenverkehr

 

Die fossilen Brennstoffe – vornehmlich Öl, Kohle und Gas – stellen keine nachhaltige Energieversorgung dar, auch wenn bis heute unser weltweiter, wirtschaftlicher Erfolg in großen Teilen darauf basiert. Das wissen wir alle. Seit Jahren. Auch in Deutschland und seinen Metropolregionen.

 

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Kohle zum entscheidenden Brennstoff und ermöglichte erst die Industrialisierung unserer Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts begann mit der Erfindung der Verbrennungskraftmaschinen der Siegeszug des Öls. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts spielt Erdgas eine immer wichtigere Rolle - nicht nur in unseren Kraftwerken, sondern auch bei der Wärmeerzeugung in Gebäuden.

 

Doch diese fossilen Brennstoffe sind endlich. Allein diese fehlende Nachhaltigkeit zwingt uns dazu, erneuerbare Energiequellen als attraktive Alternativen auf den Weg zu bringen. Ohne besonderen Zeitdruck. Denn die Rohstoffkonzerne stellen bisher eine ausreichende Versorgung mit fossilen Brennstoffen sicher. Auch wenn unklar ist, wie lange unsere Öl-, Gas- und Kohlereserven noch reichen werden.

 

Wir wissen aber auch – und das nicht erst seit dem 5. Bericht des Weltklimarates vom September 2014 – , dass die dadurch verursachten CO2-Emissionen maßgeblich zur Klimaveränderung beitragen. Experten gehen von einer Erwärmung der Erdoberfläche von mindestens 3-4 Grad Celsius im Laufe dieses Jahrhunderts aus, wenn wir es nicht schaffen, in wenigen Jahren unsere Abhängigkeit von diesen fossilen Brennstoffen massiv zu reduzieren („Szenario 450“ der IEA, International Energy Agency). Die aktuellen Prognosen für 2014 deuten sogar auf eine noch gravierendere Zunahme der globalen CO2-Emissionen hin, als im „Business-as-usual“ Szenario der IEA prognostiziert.

 

Die Folgen dieser einsetzenden Klimaveränderung sind heute bereits spürbar und werden aller Voraussicht nach besonders für die nachfolgenden Generationen zu einem gigantischen Problem werden. Mit einer massiven Zunahme lokaler Unwetter. Lang anhaltenden Dürreperioden. Überflutungen in bisher unbekanntem Ausmaß. Und das weltweit. Der neueste Bericht des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zusammen mit der Worldbank, Titel „Turn Down the Heat“, malt ein schlimmes Bild an die Wand.

 

Diese unumkehrbaren Langzeitfolgen erhöhen den Zeitdruck massiv. Zwingen uns, die Alternativen deutlich schneller auf den Weg zu bringen.  Dabei stellt die umfassende Abkehr von Verbrennungskraftmaschinen im weltweit wachsenden Straßenverkehr eine besondere Herausforderung dar.  Bisher haben wir keinen Weg gefunden, diese Technologiewende in der notwendigen Breite und Geschwindigkeit auf den Weg zu bringen. Der Verkehrssektor ist weltweit der einzige Verbrauchersektor, der immer noch ein ungebrochenes Wachstum bei den CO2-Emissionen aufweist.

 

Auch in der EU mit ihren ambitionierten Klimazielen und strengen Vorgaben für die Neuwagen-Emissionen konnte dieser Sektor in den letzten 20 Jahren keinen CO2-Reduzierungsbeitrag leisten.

 

 

Die Verkehrs-Emissionen sind im Betrachtungszeitraum sogar um mehr als 20% gestiegen, während alle anderen Sektoren die Trendwende bereits geschafft haben.  Und das, obwohl die CO2-Emissionen bei den PKW Neuwagen in den letzten 20 Jahren um mehr als 30% gesenkt werden konnten - zumindest auf dem Papier. Offiziell.  Aber das reicht nicht. Bei weitem nicht. Auch das 95-Gramm-Ziel der EU bis 2020 wird nicht den erhofften Effekt bringen. Das wissen die Experten. Dafür ist das Ziel nicht ambitioniert genug.

 

 

Gerade auch aufgrund des weiter wachsenden Fahrzeugbestands. Zwischen 1990 und 2010 ist die Anzahl der PKWs in Europa um zirka 28% gestiegen. Dies hat maßgeblich zur Steigerung der CO2-Emissionen beigetragen und konnte durch die verbesserte Effizienz bei den Neuwagen nur in sehr geringem Maße aufgefangen werden. In anderen Teil der Welt ist dieser Effekt noch viel gravierender.

 

Sieht das Bild in Deutschland, dem selbsternannten Vorreiter in Sachen Klimaschutz, anders aus? Nein, leider nicht. Auch hier konnte der Verkehrssektor in den letzten 20 Jahren keinen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten. Trotz aller technologischen Anstrengungen auf der Herstellerseite.

 

 

Aber ist die geplante Energiewende in Deutschland ohne einen signifikanten Beitrag des Verkehrssektors überhaupt denkbar? Nein. Das zeigt eine einfache Hochrechnung. Um die angestrebte 40% CO2-Reduzierung bis ins Jahr 2020 (gegenüber 1990) umzusetzen, müssen sich alle Verbraucher-Sektoren noch mal gewaltig anstrengen.


Dabei ist schon heute klar, dass die weiteren 80 Millionen Tonnen CO2-Reduzierung im Energiesektor kaum zu schaffen sind - bei einem gleichzeitigen Ausstieg aus der Atomkraft. Die aktuell heftig geführte Diskussion über den Vorschlag von Wirtschaftsminister Gabriel, in den Kohlekraftwerken 22 Millionen Tonnen per Gesetzesvorgabe bis 2020 einzusparen, zeigt die Brisanz in aller Deutlichkeit. Aber wer im Kraftwerkssektor soll die CO-Reduzierungen bringen, wenn nicht die Kohle?

 

Das heißt: Ein fehlender Beitrag des Verkehrssektors wäre mit großer Wahrscheinlichkeit das Aus für die Vorreiterrolle Deutschlands in der Klimapolitik. Wir würden unsere selbstgesteckten Ziele bis 2020 mit Pauken und Trompeten verfehlen.

 

Doch ohne die massive Einführung von Null-Emissions-Fahrzeugen, sprich Elektroautos, ist ein signifikanter CO2-Reduzierungsbeitrag im Straßenverkehr bzw. Verkehrssektor nicht denkbar. Die letzten 20 Jahre waren Beweis genug.
Daher die Forderung der Bundesregierung, eine Million Elektroautos - inklusive Plug-in-Hybriden - bis 2020 auf die Straße zu bringen. Was rechnerisch immer noch viel zu wenig ist, um bei mehr als 40 Millionen konventionellen PKWs im Bestand einen signifikanten CO2-Effekt zu erzielen. Aber es wäre sicherlich ein viel beachteter Anfang - mit entsprechender Signalwirkung im In- und Ausland.


Doch auch dieses Minimalziel scheint aktuell unerreichbar - bei insgesamt kaum 25.000 verkauften EVs (und Plug-in-Hybriden) bis Ende 2014. Der neueste Zwischenbericht der NPE zieht eine ernüchternde Zwischenbilanz. Angestrebt waren 100.000 elektrisch angetriebene Fahrzeuge bis Ende 2014. Allein zirka 50.000 Neuwagenverkäufe in 2014. Doch die aktuelle Absatzentwicklung befindet sich weit hinter den Erwartungen.

 

Woran liegt das? Was sind die Ursachen für diese „Verweigerungshaltung“ des Verkehrssektors? Fehlt den Beteiligten - egal ob Autofahrern, Herstellern oder Politikern - etwa der Mut zum Handeln? So wie es Ralf Schwartz in seiner WiWo-Kolumne „Warum Tesla den Automarkt zerstört“ so treffend formuliert hat.

 

Was ist zu tun, um in jeder deutschen Metropole nicht 1.000, sondern 100.000 EVs auf die Straße zu bringen? Wo sind die konkreten Lösungsansätze?

 

Und es muss schnell gehen. Denn eines ist klar: Es ist 5 vor 12. Mindestens. Nicht nur für die Energiewende in Deutschland.

 

Doch lesen Sie selbst!

 

Mit unserem Debut-Roman „Elektrisiert“ hoffen wir, zur Diskussion und Lösung dieses Themas beitragen zu können, indem wir einer breiteren Leserschaft die prekäre Ausgangssituation, die sehr unterschiedlichen Sichtweisen und Zwänge der beteiligten Spieler, aber auch mögliche Lösungsansätze vor Augen führen.

 

Das alles haben wir versucht, in eine möglichst spannende Geschichte zu packen – wir wollen Sie als interessierten Leser ja auf keinen Fall verlieren, auf diesem etwas umfangreicheren Exkurs.

 

Jetzt aber genug der Vorrede – wir wünschen Ihnen eine spannende Unterhaltung. Und anschließend natürlich möglichst intensive Diskussionen. Denn nur so kommen wir in diesem so essentiellen Thema für die Menschheit endlich voran. Hoffentlich.

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